Gestern am Abend schon hat es begonnen, "einfach so" rinnen mir die Tränen übers Gesicht. Es prallen soviele Gefühle auf mich ein, von Dankbarkeit über Wut, von Liebe zu absolutem Unverständnis, von Hoffnungslosigkeit zu Zuversicht, von Wärme zu nicht zu beantwortenden Fragen.
Während Corona stehen die Menschen auf und gehen auf die Strasse. Wenn Russland gegen die Ukraine kämpft, gehen die Menschen auf die Strassen, Millionen werden gespendet. Ich möchte dies auf keinen Fall kritisieren, im Gegenteil, ich finde es schön, wenn die Menschen ihre Menschlichkeit zeigen. Ich frage mich nur, warum begehrt niemand auf, dass Millionen von Menschen hungern müssen? Kein menschenwürdiges Zuhause haben? Und das seit Jahrzehnten? Seit ich denken kann, habe ich Bilder von hungrigen, farbigen Menschen gesehen.
Heute begann der Tag nicht anders, ich weinte und konnte nicht wirklich zuorndnen, warum oder um was ich weine. Vermutlich Überforderung der Situation. Vielleicht ist aber auch meine Seele jetzt angekommen und muss das alles einordnen. Ich gehe ins learn to read, Mohaka umarmt mich wie jeden morgen und schon laufen meine Tränen wieder. Sie kümmert sich so lieb um mich und fragt was denn passiert ist. Ich antworte nur mit: "heute ist ein trauriger Tag". Dann beginnt sie zu weinen. Ihre Nichte ist verschwunden, niemand weiss wo sie ist. Mohaka ist das Familienoberhaupt, sie ist die einzige, die sich um die ganze Familie kümmert. Sie macht sich grosse Sorgen, dass ihre Nichte gestorben sein könnte. Bei der Polizei wurde bereits Anzeige erstattet, aber die Polizei interessiert das anscheinend nicht wirklich. Mohaka kommt aus Lesotho, sie muss 10 Stunden fahren wenn sie nach Hause möchte. Sie überlegt nun, ob sie kommende Woche fahren soll. Nur wenn sie kommende Woche fährt, dann kann sie im Juni nicht mehr gehen. Im Juni wollte sie mit ihren Kindern für 3 Wochen hingehen. Für 2x reicht das Geld aber nicht. Sie ist verzweifelt. Ich könnt euch vorstellen, was ich mir gedacht habe oder? Sollte es wirklich so sein, dass sie kommende Woche fährt, dann werde ich ihr das Geld geben, damit sie im Juni nochmal fahren kann, sie hat das verdient, sie ist eine Bären-Mama 💓.
Später rede ich mit einer 25 jährigen Betreuerin. Sie ist Mama eines 2jährigen Jungen. Nun ist sie ganz verzweifelt. Sie ist seit 6 Jahren mit dem Papa ihres Sohnes zusammen, er nimmt Drogen, arbeitet nicht, sie muss alles alleine bewerkstelligen. Wenn sie nach Hause kommt am Abend, muss sie putzen, kochen, einkaufen, sich um den Kleinen kümmern, er sitzt nur rum oder ist nicht zuhause. Zudem will er immer Sex, nur, sie hat keine Verhütung und möchte auf keinen Fall schwanger werden. Nun hat sie sich gestern von ihm getrennt, ist ausgezogen. Sie wohnt jetzt alleine mit ihrem Sohn in einem Shak, ca. 10 Minuten von ihrer Arbeitsstelle entfernt. In diesem Shak steht ein Bett, sonst nichts! Sie weint während sie erzählt. Ihr Traum wäre zu studieren. Die Basis hat sie bereits geschaffen. Sie hat die Schule abgeschlossen und eine Ausbildung absolviert. Im Moment jedoch sieht sie keinen Ausweg aus ihrer Situation. Nächste Woche werde ich sie besuchen in ihrem neuen Zuhause und ein paar Fotos machen.
Ich überlege mir, Patenschaften zu vermitteln für genau solche Menschen. Menschen die Potenzial haben, die wollen, die kämpfen, die bereit sind, etwas zu verändern, die wissen, dass auch sie die Veränderung sein können, die sie sich wünschen. Ich werde euch auf dem Laufenden halten zu meinen weiteren Gedanken in dieser Sache.
Wer mag, soll mir bitte gerne seine Gedanken dazu schreiben 💓.
Ihr seht, der Tag heute war wirklich
wieder voll mit Emotionen,
ich hätte beinahe mitgeweint mit den
2 Frauen.
Am Nachmittag ging ich dann ins seeds4kids zur Bible Study. Mohaka hat noch immer nichts gehört zum Verbleib ihrer Nichte. Trotzdem ist sie voll bei der Sache, singt mit den Kindern, lobpreist den Herrn, ich frage mich, wie sie das kann. Ich bewundere sie ehrlich.
Bei mir auf dem Schoss sitzt ein ca. 3jähriger Junge, immer wieder flüstert er mir etwas ins Ohr, das ich nicht verstehe. Irgendwann beugt sich seine Schwester zu mir und meint, er ist hungrig😢. Was kann ich tun? Mohaka hat Popcorn gemacht, nach der Bible Study gibt es frisches Popcorn mit Limo. Die Kinder bleiben brav auf ihren Stühlen sitzen und warten, bis sie ihren Teller mit Popcorn bekommen. Immer wieder fasziniert mich das aufs Neue.
Ganz zum Schluss, kurz vor dem nach Hause gehen, sagt Mohaka den Kindern, dass morgen mein Geburtstag ist, seht selbst:
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