Ich bin wieder zu Hause. In der Schweiz. In meinen eigenen 4-Wänden. Auf meinem Sofa. Es ist angenehm warm. Ansonsten dreh ich die Heizung auf. Oder ich decke mich mit einer unserer Decken zu – vielleicht gönn ich mir sogar die Wärmedecke. Und welches Kissen ist denn nun bequem? Ich hole mir ein Glas Wasser – natürlich aus dem Hahnen. Und eine warme Milch mit Honig für meine Erkältung. Oder auch ein Tee. Falls ich Hunger bekomme, ist der Kühlschrank gefüllt. Oder ich schnapp mir kurz meine Autoschlüssel und kaufe ein, worauf ich grade Lust habe. Falls ich aber nicht mehr kochen will, liefert Eat.ch. Mein Handy hängt am Strom und Netflix läuft auch einwandfrei. Den Sound lassen wir mit den Lautsprecherboxen noch etwas besser klingen. Das Licht schalten wir per Knopfdruck aus – lieber «Schmöcki»-Kerzen. Im Frauenhaushalt gibt’s jede Menge davon. Eine übliche Situation, ein normaler Tag – in unserer Welt. Und wie selbstverständlich sich das manchmal alles anfühlt.
Und genau in derselben Sekunde geschehen Unmengen von wunderbaren, mit Liebe durchfluteten, strahlenden Momenten. Und ebenso nicht greifbaren, schlimmen Taten, Situationen und Lebensumständen. Alles jetzt – in dieser Sekunde, an verschiedenen Orten. Die Welt ist gross, unfassbar gross. Genauso wie das Leben. Und all das wird beeinflusst durch eine Währung. Geld. Ausgedruckte Noten. Wie viel du davon hast, entscheidet über dein Leben. Wenn du Glück hast – so wie ich – dann haben wir mehr als wir brauchen. Und wir geniessen es. Manchmal etwas mehr und manchmal etwas weniger. Je nach Lebensphase. Aber wir haben die Macht, das Geld und die Freiheit, selbst zu entscheiden.
In der Zeit in Afrika habe ich eine neue Welt kennen und lieben gelernt. Die Menschen, das Miteinander, die Geschichten, das Leben, die Schicksale. Oft kam ich mir komisch vor, mit meiner Sonnenbrille, meinem Rucksäckchen und dem neuesten, klappbaren Samsung. Ich habe aufgehört, alles mitnehmen zu wollen. Ich habe auch gelernt, dass ich in manchen Situationen loslassen kann – und es sich gut anfühlt. Oft wurde mein Herz berührt – die hoffnungsvollen Kinderaugen, die Umarmungen, die Liebe. Und auch die Geschichten. Die Einblicke in ihre Leben. Townships, Schicksale, Armut. Und doch voller Liebe, Leben und Dankbarkeit.
Als wir das Township von Mohakas Familie verlassen haben, wollte ich weinen. Ich kann die Emotionen kaum einfangen, die mich zu dem Zeitpunkt umgeben haben. Allein die Tatsache in einem Township zu wohnen, reicht doch schon. Aber wenn dann noch ein Feuer ausbricht und der unerträgliche Rauch davon noch Wochen in der Luft hängt, währendem du in deinem undichten Shak schläfst und mit Sicherheit frierst. Und all die Kinder. Ich weiss nicht, aber da läuft doch was mächtig schief. Und dann kommen die «Wichtigen, die Weissen». Was wird deren Kinder über uns beigebracht? Wie ist wohl ihre Wahrnehmung? Ich habe Mohaka gefragt, wie es sich für sie anfühlt, wenn sie bei jemanden wie uns zum Abendessen eingeladen ist. Vom Shak zur «Villa» überspitzt gesagt. Sie meinte: «Weisst du, natürlich wünsche ich mir auch solch ein Leben. Für mich. Für meine Kinder. Und manchmal frage ich mich, ob ich es einfach nicht wert bin.» Nach wenigen Sekunden des Schweigens, lächelt sie mich an und umarmt mich.
Und dann fällt mir irgendwann auf, wie wenig Reaktion aus «meiner Welt» auf Einblicke in diese Welt kommen. Weder digital noch physisch. Ich habe eigentlich nichts erwartet, ehrlich nicht. Aber ich weiss, wie viele Likes, Reaktionen und Gespräche allein durch ein onlinegestelltes Selfie ausgelöst werden können. Nicht aber in dieser Sache. Das hat mich erstaunt und nachdenklich gestimmt.
Die kulturellen Unterschiede sind nicht vergleichbar. Es sind zwei Welten. Gemeinsam und ergänzend wären wir eine schöne Welt. Ach, und die Kinder sind herzerwärmend. Sie sind so stark, tragen ihre Kämpfe schon früh selbst aus, sind bedürftig nach Liebe und lassen dich nicht mehr los, wenn du ihnen 2 Sekunden Aufmerksamkeit schenkst. Ich wünsche mir, dass jedes einzelne die Möglichkeit auf ein gutes Leben haben kann.
Am Freitag vor meiner Heimreise habe ich mich von den Kids verabschiedet. Erst die Kleinen im Learn2Read mit etwas Ballon-Action; seht selbst..
Bis hin zu ihrem gewohnten Mittagsschlaf..
Und direkt im Anschluss ab ins Seeds4Kids zur Bible Study. Sie alle haben mehrere Lieder für mich gesungen. Hier eine kleine Kostprobe:
Zwei Mädels haben mir sogar Briefe geschrieben. Eine davon hat ihre Worte an mich vor allen vorgetragen. Es war sehr emotional und wunderschön.
Zum Tschüss sagen habe ich ein Gruppenfoto von uns zweimal ausdrucken lassen und Bilderrahmen gekauft. Eins für die Mädels mit meiner Handschrift und eins für mich mit ihrer Handschrift.
Danke für die unglaubliche Zeit mit euch und passt gut aufeinander auf!
Inzwischen bin auch ich wieder in meinem Alltag angelangt. Und ich hoffe, ich hole mir das Bewusstsein immer dann wieder, wenn ich versuche, die Augen davor zu verschliessen. Das was ich alles mitnehme, kann nur im Herzen entstehen; dafür braucht es keine Währung! Ich bin glücklich über all die Momente, die mit dieser Reise ermöglicht wurden. Und es ist mir speziell wichtig zu sagen: «Danke Mama, für dein wertvolles Tun!»
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